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Naturräume

Naturräume in Baden-Württemberg: Nördliches Oberrhein-Tiefland

  1. Naturräume und Standortverhältnisse
  2. Historische Landnutzung
  3. Landnutzung heute/ Biotoptypen
  4. Leitbild zur Landschaftsentwicklung
  5. Literatur
  6. Links

1. Einleitung

„Das Nördliche Oberrhein-Tiefland umfasst die Oberrheinebene etwa zwischen Rastatt im Süden und der Landesgrenze zu Hessen im Norden sowie die Randhügel zu den östlich angrenzenden Mittelgebirgen Schwarzwald und Odenwald. Die Oberrheinebene weist in diesem Bereich eine charakteristische Dreigliederung in holozäne Rheinaue, pleistozäne Niederterrasse und holozäne Kinzig-Murg-Rinne auf. Die östlich anschließenden Randhügel sind überwiegend lößbedeckt und ebenso wie die Oberrheinebene durch eine besondere Klimagunst ausgezeichnet“ (BREUNIG 1995). Der Nördliche Oberrhein ist eines der wärmsten Gebiete Mitteleuropas mit kontinentaler Tönung des Klimas. Hier werden die Temperaturen des Südlichen und Mittleren Oberrheins noch übertroffen. Die durchschnittlichen Jahrestemperaturen liegen bei 9,5 – 10°C, bei mittleren Jahresniederschlägen von 530 mm am Westrand bis 980 mm am Südostrand (INSTITUT FÜR LANDSCHAFTSPLANUNG UND ÖKOLOGIE DER UNIVERSITÄT STUTTGART 1996).

 

2. Naturräume und Standortverhältnisse

Die naturräumlichen Haupteinheiten des Nördlichen Oberrhein-Tieflandes:

  • Die N ö r d l i c h e  O b e r r h e i n – N i e d e r u n g [222] entspricht der holozänen Rheinaue. Sie ist vorwiegend durch feuchte bis nasse, basen- und nährstoffreiche Standorte mit Überflutungen oder hoch anstehendem Grundwasser gekennzeichnet. Bezüglich der Ackerwildkräuter handelt es sich um ein Entwicklungsgebiet.
  • Die H a r d t e b e n e n  [223] bilden einen 10 – 12 km breiten und 80 km langen Streifen, der im Osten in einer Niederung endet und nach westen durch einen 8 – 12 m hohen Geländesprung (Erosionssteilrand) an die Rheinebene grenzt. Die Hardtplatten sind von ausgedehnten Flugsandfeldern bedeckt. Auf den durchlässigen, trockenen, nährstoffarmen und sauren Sandböden, konnte die Sandmohn-Gruppe der Ackerwildkräuter so vollständig wie sonst nirgends verzeichnet werden, aus der Lämmersalat-Gruppe allerdings nur eine Art gefunden werden. Dennoch sind die Hardtebenen bezüglich Ackerwildkräuter eine Spitzenregion.
  • Die N e c k a r – R h e i n e b e n e [224] wird im wesentlichen vom Schwemmfächer des Neckars aufgebaut. Es finden sich sehr fruchtbare kalkreiche Böden, z.T. in ehemaligen Flussschlingen auch anmoorige Böden. Bezüglich der Ackerwildkräuter handelt es sich um ein Entwicklungsgebiet.
  • Die H e s s i s c h e  R h e i n e b e n e [225] gehört nur zu einem kleinen Teil zu Baden-Württemberg. Sie besteht aus Niederterrasse und Neckar-Altlauf nördlich des heutigen Neckarlaufs, der durch Schwemmlehme geprägt ist. Im Westen wird sie durch ein großes Flugsand- und Dünenfeld geprägt. Bezüglich der Ackerwildkräuter handelt es sich hier um eine Spitzenregion.
  • Die B e r g s t r a ß e [226] erstreckt sich als über 60 km langer und nur 1 – 2 km breiter Saum entlang dem Gebirgsabbruch des Odenwaldes von Wiesloch bis Darmstadt. Ein kleiner südlicher Teil wird durch den Neckareintritt in das Rheintal von einem größeren nördlichen Abschnitt getrennt. Die Landschaft ist durch Kuppen und fruchtbare Lößböden geprägt. Bezüglich der Ackerwildkräuter handelt es sich um ein Entwicklungsgebiet.

(BREUNIG 1995, INSTITUT FÜR LANDSCHAFTSPLANUNG UND ÖKOLOGIE DER UNIVERSITÄT STUTTGART 1996, LFL 1994)

 

3. Historische Landnutzung

Aufgrund des günstigen Klimas war das Nördliche Oberrhein-Tiefland seit der Jungsteinzeit kontinuierlich besiedelt.

Die ältesten Orte der Hardtebene liegen am Austritt der Kraichgaubäche in die Oberrheinebene und entlang des Hochgestades ebenfalls im Mündungsbereich dieser Bäche in die Rheinaue. Später wurden Siedlungen auf der Niederterrasse nur an den Bachläufen mit ihren Auenbereichen gegründet. Früher wurde auf den Hardtflächen vielerorts Hopfen angebaut. Dieser hat mittlerweile stark an Anbaufläche eingebüßt und ist heute auf einige Flächen bei Sandhausen beschränkt (METZGER 1995).  Die teils sandigen, teils feuchten Böden waren für den Getreideanbau nicht so gut geeignet, daher konnte sich hier nicht überall die Dreifelderwirtschaft durchsetzen und die Gemeinden nutzten ihre Gemarkung nach dem extensiveren Zweifeldersystem, bei dem die Hälfte des Ackerlandes bebaut wurde, und die andere Hälfte brach lag. Dagegen war die Viehhaltung teilweise sehr hoch. Als Viehweide dienten hauptsächlich die ausgedehnten Wälder (GUTTMANN 1994 in GLASER 1995).

Die Bergstraße erhielt ihren Namen aufgrund der alten Hangstraße, die oberhalb der ehemals versumpften Randniederung entlang die Dörfer verband, die sich dort ansiedelten. MONHEIM (1960, in METZGER 1995) beschrieb die schon seit früher Zeit  eigentümliche Gestaltung der Ackerfluren der Bergstraßengemeinden, welche auf die dort geübte Zweifelderwirtschaft mit Brache zurückgeführt werden kann. Dies bedeutete ein Zurücktreten des Sommergetreides gegenüber den Gebieten mit Dreifelderwirtschaft in der Hardt und im Kraichgau. Später bevorzugte man am Kraichgaurand im Gegensatz zu den Nachbarorten der Rheinniederung den Mais an Stelle des Tabaks (METZGER 1995).

Die Rheinaue selbst war bis ins 19. Jahrhundert hinein geprägt durch die periodischen Überflutungen. Hier wurden die Auwälder als Nieder- oder Mittelwälder genutzt, die meisten Dörfer waren Fischerdörfer. Vernässte Wiesen mit Pfeifengras und Seggen dienten nach Einführung der Stallhaltung zur Streugewinnung. Da in den großen Sumpfgebieten sich jedoch auch Malaria und Sumpffieber ausbreiten konnten, nahm Tulla im 19. Jahrhundert die erste große Rheinkorrektur vor. Ihr folgte der Ausbau des Rheins zur Wasserstraße im 20. Jahrhundert, was letztendlich zum völligen Zusammenbruch der Rheinauewaldungen aufgrund der starken Grundwasserabsenkung führte (SPÄTH UND REIF 2000).

Im Vergleich zum Kraichgau verfügten die Gemeinden in der Rheinniederung von jeher über deutlich höhere Wiesenanteile, mussten aber ständig mit dem Problem der Versumpfung leben. Im 17. und 18. Jahrhundert waren in Rheinsheim 18%, in Liedolsheim 28% und in Eggenstein 17% der Nutzflächen Wiesen (MUSALL 1969 in GLASER 1995). Im Kraichgau dagegen betrug der Anteil an Wiesen oft weniger als 10% und Viehfutter musste auswärts gekauft werden (GLASER 1995).

 

4. Landnutzung heute/ Biotoptypen

Neckar- und Hessische Rheinebene werden heute intensiv ackerbaulich genutzt. Die leichten Böden der Hardtebene werden zum Gemüsebau genutzt, während in den östlichen Niederungen noch zum Teil Grünland anzutreffen ist. Die Bergstraße besitzt eine hohe Bedeutung für Wein- und Obstbau. Von 1954 bis 1974 nahm die Rebfläche im Bereich der Bergstraße um ca. 43% zu. Die nördliche Oberrheinniederung wird vornehmlich als Grünland (im Süden) oder Wald (im Norden) genutzt. Auf sandigen Platten nimmt der Ackerbau zu (INSTITUT FÜR LANDSCHAFTSPLANUNG UND ÖKOLOGIE DER UNIVERSITÄT STUTTGART 1996).

 

Das Nördliche Oberrhein-Tiefland wird wesentlich geprägt durch Biotope der Gewässer und grundwassernahen Standorte sowie durch landschaftsprägende Gehölzbestände in der Feldflur. Eine charakteristische Besonderheit sind die Biotoptypen der Flugsandgebiete, die in Baden-Württemberg auf diesen Raum beschränkt sind. Ihren baden-württembergischen Verbreitungsschwerpunkt haben hier die Biotoptypen Sandrasen und Kanal. Überdurchschnittlich häufig wurden Biotoptypen der Abbauflächen (z.B. Sand-, Ton- und Kiesgruben) erhoben. Der Biotoptyp Düne wurde nur hier erfasst. Nicht erfasst wurden die Biotoptypen Moorgewässer, Hochmoor, Übergangsmoor, Höhle, Kar und Toteisloch.

 

 

Nördliche Oberrhein-Niederung

Hardtebenen

Neckar-Rheinebene

Hessische Rheinebene

Bergstraße

1

Röhrichte

Röhrichte

Gehölzstreifen

Hecken, Gebüsche

Gehölzstreifen

2

Auen- und Uferwälder

Hecken, Gebüsche

Hecken, Gebüsche

Gehölzstreifen

Mesophyt. Laubmischwälder

3

Fettwiese

Gehölzstreifen

Düne

Gräben

Hecken, Gebüsche

4

Hecken, Gebüsche

Fettwiese

Flachufer

Fettwiese

Wärmeliebende Wälder und Trockengebüsche

5

Gräben

Gräben

Streuobstbestand

Feldgehölz

Magerrasen, Kalk


Tab. 1: Die bei der Biotopkartierung 1981 – 1989 am häufigsten erfassten Biotoptypen im Nördlichen Oberrhein-Tiefland (HÖLL UND BREUNIG 1995: 494 ).

 

5. Leitbild zur Landschaftsentwicklung

 

Rheinaue: Wiedervernässung; Überführung ackerbaulich genutzter Flächen in Grünland mit regelmäßiger, z.T. späte Mahd oder Beweidungskonzepte; Vermeidung von Nährstoffeintrag  in Grünland, Altarme und Fließgewässer; zur Förderung von Rohbodenpionieren. Einrichtung von „Schweinsweiden“ oder Schaffung offener Stellen in druckwassergespeisten Feuchtbereichen; Schaffung von periodisch überschwemmten Bereichen. Grünlandextensivierung auf Feuchtstandorten bzw. deren Umgebung.

 

Binnendünen/ Flugsandfelder:

  • Erhalt und Wiederentwicklung der Sandheidebiotope; dazu Auflichtung und Zurückdrängung von Sukzession und Aufforstungen.
  • Im Ackerbau Entwicklung von Gras- und Krautsäumen zur Vernetzung der Sandlebensräume.

 Allgemein:

  • Grünlandextensivierung und Entwicklung von nutzungsbegleitenden Strukturen in Feucht- und Nassgrünland und dessen Umgebung.
  • Maßnahmen zum Erhalt der Ackerwildkrautflora entsprechend der Regionen (Spitzen- oder Entwicklungsgebiet) gemäß dem Maßnahmenkatalog.

6. Literatur

  • HASSLER, D., HASSLER, M. UND GLASER, K.H. (1995): Wässerwiesen. Geschichte, Technik und Ökologie der bewässerten Wiesen, Bäche und Gräben in Kraichgau, Hardt und Bruhrain. – Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 87: 1 – 432.
    • GLASER, K.-H. (1995): Bäuerliche Gesellschaft im Wandel. – In: Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 87: 19 - 39.
    • METZGER, K. (1995): Die Kulturlandschaften des Kraichgaus und der Oberrheinebene. Eine naturräumlich-agrargeographische Darstellung. - In: Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 87: 9 – 18.
  • HÖLL, N. UND BREUNIG, T. (Hrsg.) (1995): Biotopkartierung Baden-Württemberg. Ergebnisse der landesweiten Erhebungen 1081 – 1989. - Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 81: 1 – 544.
    • BREUNIG, T. (1995): Die Biotoperhebungen in den naturräumlichen Großlandschaften Baden-Württembergs – Ergebnisse der Biotopkartierung 1981 – 1989. - Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 81: 493 - 497.
  • INSTITUT FÜR LANDSCHAFTSPLANUNG UND ÖKOLOGIE DER UNIVERSITÄT STUTTGART (1996): Räumlich differenzierte Schutzprioritäten für den Arten und Biotopschutz in Baden-Württemberg – Zielartenkonzept. 1691 S.
    • Südlicher Rhein/ Hochrhein. E307 – E354.
  • LFL (Auftraggeber) 1994: Bestandsaufnahme zum aktuellen Entwicklungszustand der Ackerbegleitflora und ihre räumliche Differenzierung in Baden-Württemberg. Erstellung eines regionalen Bedarfs- und Maßnahmenkonzepts zu Erhalt, Entwicklung und Regeneration des gefährdeten Anteils der Ackerbegleitflora in Baden-Württemberg. 133 S. (unveröffentlicht)
  • SPÄTH, V. UND REIF, A. (2000): Auenwälder am Oberrhein. 99 – 105. - In: Landeszentrale der Politischen Bildung in Baden-Württemberg (Hrsg.) (2000): Der Bürger im Staat. Der Rhein. 50, Heft 2.

7. Links

 

 

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