Navigation überspringen

Biotopvernetzung

Grundlagen

In Baden-Württemberg sind durch die jahrhundertelange extensive land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit vielfältige Landschaftsbilder von besonderem Reiz entstanden. Viele dieser alten Kulturlandschaften sind typisch ausgeprägt und reich strukturiert und haben daher einen hohen Reiz für die erholungssuchende Bevölkerung. Die prägenden Strukturen wie Feldgehölze, Baumreihen, Einzelbäume, Streuobstwiesen, Hecken, Feucht-Grünland, Böschungen, Uferrandstreifen etc. sind wichtige Refugien für wildlebende Tiere und Pflanzen; selten gewordene Arten haben meist dort ihre Lebensgrundlagen. Der Intensivierung und Rationalisierung der Landwirtschaft fielen und fallen viele dieser Strukturen zum Opfer und mit ihnen viele wildlebende Tier- und Pflanzenarten. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, müssen Naturschutzaspekte und -elemente in die Landbewirtschaftung integriert werden. Ein Instrument hierzu ist die Biotopvernetzung, die die Anlage neuer Biotope und Landschaftselemente und deren Vernetzung zum Ziel hat. 

Grundlagen der Biotopvernetzung sind:

  • Erweiterung der bestehenden naturnahen Biotope auf die für ein Ökosystem notwendige Arealgröße (Minimalareal einer Population)
  • Schaffung von Pufferzonen um die Biotope
  • Schaffung von sog. „Trittsteinbiotopen" (z.B. Feldgehölz, Einzelbäume, Teiche)
  • Vernetzung der vorhandenen Biotope untereinander, z.B. durch Schaffung linearer Strukturen (z.B. Hecken, Krautsäume, Renaturierung von Fließgewässern)

Beispiel:

Bild 1: intensiv landwirtschaftlich 
genutzte Fläche

Bild 2: Biotopvernetzung durch

  • Renaturierung Fließgewässer
  • Anlage von Pufferzonen um die Gewässer
  • Erweiterung der Streuobstwiesen
  • Verbindung der Bäume untereinander durch Alleen und Hecken
  • Verbindung der Wiesen durch Krautsäume
  • Neuanlage von Ackerrandstreifen

Beispiele für Minimalareale und maximale Abstände von Ökosystemtypen sowie kritische Populationsgrößen von Organismen (zusammengestellt nach HEYDEMANN 1981, MADER 1981, REICHHOLF 1987 u.a.):

Biotoptyp/ Arten

Ö.

M.

P.

MP.

AT.

AMP

Stillgewässer

10 m² - 1 ha

 

 

 

 

 

Amphibien

 

 

100

100 m²

wenige 100 m

2 – 3 km

Fließgewässer

5 – 10 km

 

 

 

 

 

Eisvogel, Wasseramsel, Gebirgsstelze, Fische

 

 

 

5 – 10 km

5 km

5 km

Feuchtgrünland/ Niedermoor

10 ha

 

 

 

 

 

Großer Brachvogel

 

25 ha

10 Brutpaare

250 ha

2 km

10 – 30 km

Weißstorch

 

200 ha

30 Brutpaare

 

10 km

 

Bekassine

 

1 ha

10 Brutpaare

10 ha

2 km

10 – 30 km

Schmetterlinge

 

 

 

1 ha

100 m

2 – 3 km

Heuschrecken

 

 

 

1 ha

100 m

1 – 2 km

Grasfrosch

 

 

 

200 ha

 

 

Hecken

5 – 10 km

 

 

 

 

 

Kleinvögel

 

 

10 Brutpaare

10 km

<500 m

5 – 10 km

Ö: Minimalareal des Ökosystem-Typs

M: Minimalareal/ Brutpaar bzw. Einzelindividuum

P: notwendige Populationsgröße

MP: Minimalareal der Population

AT: maximaler Abstand der Teilflächen

AMP: maximaler Abstand der Minimalareale der Population

 

Die Biotopvernetzung bietet hier konzeptionelle Möglichkeiten zur Bewahrung oder Neuschaffung der Zeugnisse historisch gewachsener Kulturlandschaft. Ihr Ziel ist es, bestehende naturnahe und landschaftstypische Bereiche der Feldflur als wertvolle Lebensräume gefährdeter Tier- und Pflanzenarten über eine räumliche Verbindung und Vernetzung der Lebensgemeinschaften untereinander dauerhaft zu erhalten und zu fördern.

Die besten ökologisch begründeten Konzepte nützen jedoch wenig, wenn dabei die agrarstrukturellen Rahmenbedingungen außer acht gelassen werden. Daher ist es sinnvoll, Biotopvernetzungskonzepte als umfassende Flurkonzepte zu konzipieren, in denen die agrarstrukturellen Verhältnissen der bewirtschaftenden Betriebe berücksichtigt sind. Dadurch kann eine bessere Akzeptanz für die aus ökologischer Sicht wünschenswerten flächenwirksamen Maßnahmen  durch die örtliche Landwirtschaft erreicht werden.

Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen

Die Biotopvernetzung ist ein Instrument zur dauerhaften Stärkung des vorhandenen Bestandes an naturnahen Flächen. Durch die Vernetzung und Verknüpfung dieser Lebensräume und durch die Gestaltung neuer Landschaftselemente wie Hecken oder Ackerrandstreifen schafft die Biotopvernetzung eine Grundlage für die Bestandssicherung und für die Entwicklung der wildlebenden Tiere und Pflanzen in Agrarlandschaften. Über das ganze Land verteilt werden in den einzelnen Landschaften typische Lebensräume entwickelt und vorhandene naturnahe Elemente miteinander verknüpft, so dass ein tragfähiges Netz naturnaher Flächen in der Agrarlandschaft in enger Verzahnung mit den landwirtschaftlich genutzten Flächen entsteht, das Lebensräume mit hoher Artenausstattung verbindet und so einen Austausch zwischen diesen Flächen ermöglicht.

Dieses Biotopnetz soll unter strenger Berücksichtigung der standörtlichen Gegebenheiten und unter Beachtung des jeweiligen Landschaftscharakters entstehen. Biotopvernetzungskonzepte werden daher aus den jeweiligen landschaftlichen Gegebenheiten heraus entwickelt. Im Vordergrund von Maßnahmen zur Biotopvernetzung steht die Bewirtschaftung und Pflege von ökologisch wirksamen Ausgleichsflächen durch Extensivierung der Bewirtschaftung und die Neuanlage von Biotopen.

(ergänzt nach: Entwurf Evaluierung von Programmen nach der Verordnung (EWG) Nr. 2078/92 des Rates vom 30. Juni 1992 für umweltgerechte und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahren in Baden Württemberg, Teil II Landschaftspflegerichtlinie (LPR) (Vertragsnaturschutz), 1992-1997 Bericht, Koordinierung: B. Krauß, LEL, LfU, Stand: 10.04.2000, 9:26).

zurück zur Hauptseite "Biotopvernetzung"

Informationen  zum Datenschutz und zum Einsatz von Cookies auf dieser  Seite finden Sie in unserer Datenschutzerklärung